19. Februar 2020
Wieder mehr Fehler in den Bilanzen
Die Deutsche Prüfstelle der Rechnungslegung (DPR), auch als Bilanzpolizei bezeichnet, veröffentlicht jedes Jahr im Januar ihren Tätigkeitsbericht. Der aktuelle Bericht zum Jahr 2019 zeigt: Die Unternehmen machen wieder mehr Bilanzierungsfehler. Insbesondere beim Thema Goodwill schaute die Bilanzpolizei genau hin, da er in vielen Fällen von den Unternehmen zu hoch ausgewiesen wurde.
Mit 20 % lag die Fehlerquote bei den Prüfungen der Bilanzpolizei im Jahr 2019 deutlich über dem Vorjahresniveau (15 %). Insgesamt hat die DPR im vergangenen Jahr 86 Prüfungen (Vj. 84) abgeschlossen, sechs davon waren Anlassprüfungen. Die doppelt so hohe Anzahl der Anlassprüfungen gegenüber 2018 war auch der Grund für die gestiegene Fehlerquote. Die Bilanzpolizei, die seit Juli 2005 die Rechnungslegung von kapitalmarktorientierten Unternehmen prüft, wird nämlich nicht nur stichprobenartig tätig, sondern immer auch dann, wenn konkrete Anhaltspunkte für Rechnungslegungsverstöße vorliegen.
Bei Index-Unternehmen betrug die Fehlerquote im vergangenen Jahr 13 %, das waren 5 Prozentpunkte mehr als im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. Für die Unternehmen ohne Indexzugehörigkeit errechnete sich 2019 eine Fehlerquote von 24 % (23 % im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019).
Häufigster Einzelfehler: Goodwill
Wie 2018 war auch im vergangenen Jahr der Goodwill (Geschäfts- oder Firmenwert) der am häufigsten festgestellte Einzelfehler bei den Prüfungen der Bilanzpolizei. Der Grund für die Beanstandungen war in den meisten Fällen ein nicht sachgerecht vorgenommener Werthaltigkeitstest. Dieser muss jährlich durchgeführt werden, um zu prüfen, ob möglicherweise eine Wertminderung des Goodwills vorliegt.
Zur Steigerung der Qualität der zukünftigen Rechnungslegung, gibt die DPR im Rahmen ihrer präventiven Funktion in einer Vielzahl von Prüfungen den Unternehmen Hinweise. Auch bei diesen Hinweisen führte der Goodwill die Themenliste an – gefolgt vom Anlagevermögen sowie latenten Steuern. Die Goodwillhinweise waren ebenfalls in der Durchführung des Werthaltigkeitstests begründet.
Es ist daher wenig überraschend, dass die Bilanzpolizei die Werthaltigkeit des Goodwills als einen der Prüfungsschwerpunkte für dieses Jahr ausgewählt hat. Insbesondere durch die derzeitige Eintrübung der wirtschaftlichen Lage stellt die Bilanzierung des Goodwills ein hohes Risiko dar. Ein Blick in die Geschäftsberichte der DAX-Konzerne zeigt: Der Goodwill macht einen beachtlichen Teil des Vermögens aus. Bei einigen Unternehmen ist er sogar höher als das Eigenkapital.
Einsichtige Unternehmen
Die Unternehmen zeigten sich gegenüber der Fehlerfeststellung durch die DPR fast alle einsichtig: Mit 79 % war die Quote der Zustimmungen seitens der Unternehmen relativ hoch. Interessant war hier im vergangenen Jahr der nach sieben Jahre abgeschlossene Rechtsstreit von Axel Springer mit der Bilanzpolizei: Anders als vielleicht erwartet, unterlag die Bilanzpolizei in dem Verfahren, das den Jahresabschluss 2012 zur Grundlage hatte.
Doch nicht alle Unternehmen zeigten sich mit den Korrekturhinweisen der DPR einsichtig. Im Berichtsjahr 2019 musste die Bilanzpolizei daher vier Prüfungen auf Grund von Mitwirkungsverweigerungen an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) weitergegeben. Drei dieser Verfahren betrafen die Finanzberichterstattung zu verschiedenen Abschlussstichtagen desselben Unternehmens.
Die SdK wird daher in dieser Hauptversammlungssaison erneut einen Schwerpunkt auf die Hinterfragung der Firmenwerte und deren Entwicklung legen, ggf. auch mit Blick auf neue Risiken resultierend aus ESG-Vorgaben oder bilateralen Handelsabkommen. Nach wie vor hält die SdK aus Vorsichtsgründen eine regelmäßige Abschreibung auf derivate Firmenwerte für sinnvoll und fordert, dies in die IFRS-Regelungen aufzunehmen.
München, den 19.02.2020
SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.
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