Aktuelle Meldungen der SdK

20. September 2017

Parteien äußern sich vor Bundestagswahl zum Aktionärsschutz

 

München, 20. September 2017 Eine Befragung der Parteien vor der Bundestagswahl hat ergeben, dass in Bezug auf den Schutz von Aktionären wenig Verbesserung zu erwarten ist. Die von der EU vorgelegte Aktionärsrechterichtlinie wollen zwar alle Parteien bis 2019 in nationales Recht umsetzen, weitergehende Änderungen des deutschen Gesellschafts- und Aktienrechts soll es aber nicht geben. Lediglich Bündnis 90/Die Grünen fordern stärkeren Schutz für Minderheitsaktionäre im Aktienrecht. Beim Thema Sammelklagen gehen die Meinungen auseinander, denn hier wollen SPD und Grüne Instrumente des kollektiven Rechtsschutzes einführen, während die FDP keinen Handlungsbedarf sieht. Die CDU möchte hingegen eine Musterfeststellungklage einführen, lehnt aber den bestehenden Entwurf des Justizministeriums weiter ab. Damit zeichnet sich noch nicht ab, wann den Empfehlungen der EU-Kommission (2013/396/EU) und der Monopolkommission aus den Jahren 2014 und 2016 für die Einführung eines effektiven kollektiven Rechtsschutzes entsprochen wird.

 

Die Anlegerschutzorganisationen „Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.“ (SdK), „Verbraucherzentrale für Kapitalanleger e.V.“ (VzfK) sowie die „Initiative Minderheitsaktionäre e.V.“ hatten den Parteien mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl 2017 gemeinsam erarbeitete Wahlprüfsteine zum Thema Schutz von Minderheitsaktionären in deutschen Aktiengesellschaften vorgelegt.

 

Als positiv soll vermerkt werden, dass von den angeschriebenen Parteien alle den Fragenkatalog beantwortet haben. Konkrete Stellung für den Schutz von Minderheitsaktionären und für verbesserten Rechtsschutz für Anleger beziehen nur Bündnis 90/Die Grünen. Die Rechtspolitiker der CDU wollen allerdings aktienrechtsrelevante Reformen unter besonderer Berücksichtigung der Interessen von Minderheitsaktionären und Kleinanlegern durchführen. Alle anderen Parteien sehen den Status Quo mehr oder weniger als ausreichend an. Lediglich bei der Vorstandsvergütung besteht weitgehend Einigkeit, dass es zukünftig mehr „say-on-pay“ für die Hauptversammlung geben soll.

 

Beim Aktienrecht soll es nach Ansicht der SPD keine großen Änderungen geben. Die FDP möchte sowohl das Beschlussmängelrecht als auch das Spruchverfahren bezüglich ihrer Wirksamkeit überprüfen. Aber was genau das Ziel ist, bleibt im Verborgenen. Lediglich die Grünen positionieren sich eindeutig auf Seiten der Minderheitsaktionäre. So wollen sie im Falle eines Delistings die Aktionäre besser schützen und die Angemessenheit eines verpflichtenden Kaufangebots davon abhängig machen, ob eine qualifizierte Mehrheit der herausgedrängten Aktionäre das Angebot annimmt. Daneben fordern sie eine gerichtliche Überprüfung der Angebotshöhe, also keine Bemessung am Börsenkurs, wie jetzt vorgeschrieben.

 

Im Bereich des Kapitalmarktrechtes beteuern alle Parteien, dass es fair zugehen soll und Marktmissbräuche zu ahnden sind. Die Grünen erwägen eine zivilrechtliche Verantwortung beim Insiderhandel, auch die FDP scheint dafür offen. Alle Parteien wollen jedenfalls die Aktienkultur fördern, wobei die FDP die Möglichkeiten, im Rahmen der geförderten Altersvorsorge in Aktien zu investieren, ausgeweitet sehen wollen. Die CDU plädiert dafür, Kleinaktionäre vor missbräuchlichen und rechtswidrigen Entscheidungen von Geschäftsführern und Vorständen zu schützen. Ansonsten bleibt man entweder vage oder verweist auf eine Bestandsaufnahme nach der Wahl.

 

  
Sammelklagen weiter ein kontroverses Thema

 

Beim kollektiven Rechtsschutz sehen SPD und Bündnis 90/Die Grünen konkreten Handlungsbedarf. Die SPD unterstützt den Entwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, der die Einführung einer Musterfeststellungsklage für Verbraucherverbände vorsieht. Dieser Gesetzentwurf von Justizminister Maas wurde von den Unionsministern blockiert. Die Rechtsexperten der CDU bejahen zwar die Notwendigkeit von Sammelklagen, wollen aber die Klagebefugnis wie bei der Anlegerklage direkt den Verbrauchern zuweisen. Die FDP ist Sammelklagen gegenüber sehr zurückhaltend und lehnt diese unter Hinweis auf unser Rechtssystem ab. Sie sieht die Gefahr einer Klageindustrie wie in den USA heraufziehen. Auch beim kollektiven Rechtsschutz sind die Grünen am weitesten. Sie hatten bereits 2014 den Entwurf für ein Gesetz zur Gruppenklage eingebracht, sind aber damals am Widerstand der Koalition gescheitert. Das nach wie vor aktuelle Vorhaben möchte den Schutz der Anleger weiter verbessern und effektives gemeinsames Klagen ermöglichen. Nach Abschluss des 5. Untersuchungsausschusses (Abgasskandal) wurde der Gesetzentwurf noch mal eingebracht, eine Befassung aber am 5. September 2017 abgelehnt.

 

Konkrete Positionen zum Thema Vorstandsvergütung haben sowohl die SPD als auch die Grünen vorgelegt. Beide Parteien wollen, dass die Vergütungen der Vorstände in einem angemessenen Verhältnis zu den Gehältern des oberen Managements und der gesamten Belegschaft stehen. Die SPD möchte, dass die Hauptversammlung gestärkt wird und die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat gewahrt sind. Auch die FDP will die Eigentümerrechte durch größere Vergütungstransparenz und Übertragung von Kontrollkompetenz auf die Hauptversammlung stärken, dabei aber kein neues Feld für missbräuchliche Anfechtungsklagen eröffnen.

 

Der erste Punkt im Aktien- und Kapitalmarktrecht, den sich eine neue Regierungskoalition wird vornehmen müssen, ist die Neubewertung des gegenwärtig geltenden Rechts beim Delisting, also dem Rückzug eines Unternehmens von der Börse. Das war bereits bei der Neuregelung im September 2015 so vorgesehen. Anlegerschützer fordern hier, wie übrigens auch die Grünen, eine Rückkehr zur Bewertung der Abfindung nach dem Ertragswert. Interessant zu sehen wird sein, wie in der nächsten Legislaturperiode das Beschlussmängelrecht reformiert werden soll. Dazu wird sicher erst mal das Ergebnis des Deutschen Juristentages im September 2018 abgewartet, bei dem dieses Thema im Zentrum steht. Nach den Ergebnissen der Umfrage halten sich die Parteien hierzu noch bedeckt. Außerdem stehen gegenwärtig noch die Ergebnisse eines Evaluierungsverfahrens der EU-Kommission zum kollektiven Rechtsschutz in Europa aus.

 

 

München, 20. September 2017  

 

Pressekontakt:  Robert Peres, 

Initiative Minderheitsaktionäre e.V.

Tel:          0174-3065556
E-Mail:     rperes@initiative-minderheitsaktionäre.org

 


Anlage:
Die Antworten der Parteien (PDF)

  


Die Organisationen im Einzelnen:

 

Die SdK - der unabhängige Verband der Kapitalanleger
Die 1959 gegründete SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. ist mit aktuell ca. 5.000 Mitgliedern eine der führenden deutschen Anlegervereinigungen. Der Schwerpunkt der Arbeit der SdK ist die Interessenvertretung ihrer Mitglieder. Hierzu zählen vor allem der Schutz von Minderheitsaktionären und die Interessensvertretung von Gläubigern in Sondersituationen (Sanierungen, Insolvenzverfahren). Als begeisterte Kapitalmarktteilnehmer erbringen die drei Vorstände und 60 Sprecherinnen und Sprecher der SdK viel ehrenamtliches Engagement vor allem zu Gunsten einer Verbesserung der Investitionsbedingungen und der Fortentwicklung der Investitions- und Aktienkultur.

 

SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.
Hackenstraße 7b
80331 München
Deutschland
Tel.: 089 - 20 20 846 0
Fax: 089 - 20 20 846 10
E-Mail: info@sdk.org

 

Die VzfK
Die Verbraucherzentrale für Kapitalanleger e.V. (VzfK) hat es sich zur Aufgabe gemacht, die nicht in den Organen vertretenen Aktionäre umfassend zu vertreten. Das geschieht vor allem auf Hauptversammlung und in gerichtlichen Verfahren.
Ein Schwerpunkt unserer Arbeit liegt in der Durchführung von Spruchverfahren. Auf der Seite  www.spruchverfahren.info informieren wir über den Verfahrensstand bei kompensationspflichtigen Strukturmaßnahmen, soweit er sich aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt.

 

Verbraucherzentrale für Kapitalanleger e.V.
Hiddenseer Straße 9
10437 Berlin
Deutschland
Telefon:  +49 30 39 50 94 28
Telefax:  +49 30 39 50 94 29
Email: info@vzfk.de
 

 

Die Initiative Minderheitsaktionäre
Die Initiative Minderheitsaktionäre e.V. wurde 2016 von unabhängigen Anlegern gegründet. Von ihrem Sitz in der Hauptstadt Berlin aus betreibt die Initiative eine Kommunikationsplattform für Informationen rund um die sozialpolitische Funktion der Aktienanlage. Wir wirken auf die Verbesserung der Aktionärsrechte in der Rechts- und Wirtschaftspolitik hin, insbesondere dort, wo Minderheitsrechte über Jahre abgebaut worden sind. Wir möchten einen Dialog mit dem Gesetzgeber, der Justiz, den juristischen Fakultäten, den Medien sowie mit anderen interessierten Zielgruppen darüber führen, wie die Rechte der Anleger wieder gestärkt werden können.

 

Initiative Minderheitsaktionäre e.V.
Fasanenstraße 29
10719 Berlin
Deutschland
Telefon:  +49 30 3300 2266 55
Telefax:  +49 30 3300 2266 99
Email: info@initiative-minderheitsaktionaere.org 

 




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    Marc Liebscher

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